Nr 2: Onlinevertrieb über iTunes und Co
Welche Möglichkeiten gibt es für MusikerInnen heutzutage, über das Internet ihre Musik (und eventuell T-Shirts etc.) zu verkaufen? In diesem Beitrag möchte ich ein paar grundlegende Optionen besprechen.
In den letzten Jahren ist es zunehmend leichter geworden, die eigene Musik auch über das Internet zu verkaufen. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Optionen mit verschiedenen Preismodellen. Es lohnt sich aber, etwas genauer hinzuschauen, was ihr anbieten möchtet, wo eure Prioritäten liegen und ab wann sich ein Angebot überhaupt lohnt.
iTunes und Co
Sicher möchtet ihr eure Musik als Downloads anbieten. Der eindeutige Marktführer in diesem Bereich ist zurzeit iTunes, gefolgt von AmazonMP3. Ich habe daher im Folgenden iTunes als Beispiel gewählt, bei den anderen Anbietern sind die Preise und Bedingungen ähnlich (eine sehr gute Übersicht hat der Digital-Vertrieb TuneCore zusammengestellt).
Der Standardpreis eines Lied-Downloads bei iTunes ist 0,99€. Das lohnt sich eventuell schon bei der Albumkonzeption im Hinterkopf zu behalten – ein Jazzalbum mit sechs 8-Minuten-Stücken wird dann dort für 5,54€ angeboten (es gibt eine Reihe von Sonderregeln und etwas Spielraum in der Preisgestaltung, zusammengefasst: Alben mit weniger als zehn Titeln kosten genauso viel wie wenn man die Titel einzeln für 0,99€ kauft; ab zehn Titeln kostet das ganze Album 9,99€, und es gibt für MusikerInnen keine Möglichkeit festzulegen, ob einzelne Titel „nur mit dem kompletten Album“ erhältlich sein sollen). Von allen Verkäufen behält iTunes 30% Provision, von einem verkauften Titel fließen also tatsächlich nur 0,71€ zu euch bzw. eurem Label, von einem verkauften Album mit wenigstens elf Titeln sogar insgesamt nur 5,40€ (alle Erklärungen beim Sonderregel-Link).
Der iTunes Store hat keine Upload-Funktion, die man als MusikerIn oder Label nutzen könnte. Stattdessen benötigt man die Hilfe eines Digital-Vertriebes. Ich möchte an dieser Stelle keinen speziellen Vertrieb empfehlen (die englische Wikipedia-Seite bietet einen Einstieg für eigene Recherchen). Diese Firmen verlangen für ihre Dienste eine jährlicher Gebühr, eine Gebühr pro Album bzw. Titel und/oder einen Anteil am Umsatz. Beispielsweise verlangt TuneCore (einer der größten Anbieter) pro Jahr pro Album jeweils 49$ von euch (ihr müsstet also pro Jahr und Album 61 Tracks verkaufen, um keinen Verlust zu machen). Der Anbieter CDBaby nimmt nur einmalig 49$ pro Album, dafür behält er aber 9% von eurem iTunes-Anteil ein – ihr bekommt also statt 0,71€ nur noch 0,65€ ausgezahlt (und müsstet insgesamt mindestens 76 Tracks verkaufen, um keinen Verlust zu machen).
Im Gegenzug kümmern sich die Vertriebe darum, dass eurer Album bei den großen und kleinen Online-Musikanbietern verfügbar ist. Zurzeit finden etwa 60% aller (erfassten) Download-Musikkäufe bei iTunes statt. Jeder Digital-Vertrieb beliefert verschiedene weitere Shops. Wichtig für eure Entscheidung, mit welchem Digital-Vertrieb ihr zusammenarbeiten möchtet, ist, dass die größten Anbieter (iTunes Store, AmazonMP3, in Zukunft eventuell auch Google Play) bedient werden. Bei einigen Genres können auch spezielle Nischen-Shops etwa für DJs etc. wichtig sein.
Diese Art des Vertriebes ist für euch am einfachsten, außerdem müsst ihr euch nicht mit Onlinerecht, Websitekonfiguration und ähnlichem beschäftigen. Auch eure Fans werden euch vermutlich auf iTunes suchen. Der Nachteil ist, dass die beteiligten Firmen einen hohen Prozentsatz des Umsatzes für sich behalten – und bis zur Auszahlung des Geldes dauert es bei den meisten Anbietern mehrere Monate. Außerdem seid ihr an die Preisvorstellungen von iTunes gebunden, und könnt keine "echten" CDs oder weitere Merchandising-Artikel anbieten.
Die eigene Homepage
Ihr könnt auch eure Musik über eure eigene Homepage verkaufen. Immerhin sind es ja nur ein paar mp3s auf irgendeinem Server - iTunes würde außen vor bleiben, und ihr dürftet die ganzen 100% des Verkaufspreises behalten! Außerdem könntet ihr über die eigene Homepage nicht nur Downloads verkaufen, sondern gleich auch richtige Cds, Vinyls, T-Shirts ...
Ganz so mühelos ist es leider doch nicht, denn es gibt technische, finanzielle und rechtliche Besonderheiten, die in diesem Fall zu beachten sind. Aus eigener Erfahrung kann ich von den derzeit erhältlichen Shopsystemen (d.h. Software, die ihr auf eurem Server installiert, mit der ihr euren Besuchern einen Amazon ähnlichen Shop anbieten könnt) abraten. Keines der mir bekannten Systeme bietet (ohne Zusatzkosten für den Betreiber) Download-Verkäufe an. Außerdem sind das sehr komplexe Systeme, bei der Konfiguration und Anpassung an die eigene Website soviel Zeit in Anspruch nimmt, dass es in keinem Verhältnis zum eventuell gesparten Geld steht. Ganz zu schweigen von der Verantwortung, plötzlich Nutzerdaten, Finanztransaktionen usw. auf dem eigenen Server absichern zu müssen. So brauchen wir also auch bei einem Shop auf unserer eigenen Homepage einen Anbieter, der diese Mühe und Risiken übernimmt, und der dafür wiederum einen Teil eures Umsatzes behält.
Einer dieser Anbieter ist Bandcamp, an dem ich dieses Shop-Modell erklären möchte. Bei Bandcamp gibt es keinerlei laufende oder einmalige Gebühren, stattdessen behalten sie einen Prozentsatz des Umsatzes. Ihr bezahlt also nur, wenn ihr etwas verkauft habt (wenn man genauer hinsieht sogar erst nach einer Weile). Die Preise für alle Artikel, Downloads etc. könnt ihr selbst festlegen. Auf diese Weise kann man auch experimentieren – vielleicht gibt es ja Demos, die gut sind, es aber nie auf ein Album geschafft haben? Oder ein Live-Mitschnitt vom letzten Konzert, Backstage-Material oder ... Mit etwas Kreativität öffnen sich hier ganz neue Möglichkeiten. Nach der Long Tail-Theorie sind viele kleine, einzeln unbedeutende Titel zusammengenommen wirtschaftlich erfolgreicher als große Hits. Es kann sich also durchaus lohnen, außerhalb der klassischen Album/EP-Releases zu denken.
Ein weiterer Unterschied von Bandcamp im Vergleich zu iTunes ist, dass ihr nicht nur Downloads (übrigens auch mit Bonusmaterial, sprich pdfs, Filme etc) verkaufen könnt, sondern auch physische Produkte. Auch hier sind eurer Phantasie keine Grenzen gesetzt: Wenn ihr ein Album in den Shop stellt, könnt ihr euren Fans mehrere Angebote gleichzeitig zeigen. Zum Beispiel das Album als Download für 8€, als CD für 12€, als CD+Konzertposter für 30€ und als CD+Konzertposter+1 Wunschsong beim nächsten Konzert für 100€. Welche Angebote für euch Sinn machen, hängt sicherlich vom Genre und eurem jeweiligen Publikum ab (während es wohl kaum eine lokale Heavy Metal-Band ohne eigenes T-Shirt gibt, werden für Liebhaber klassischer Musik vermutlich andere Kombinationen ansprechender sein). Manche KünstlerInnen verkaufen ihre Arrangements auf diese Weise. Da es für euch keine Kosten verursacht, könnt ihr auch hier experimentieren und abwarten, wie eure Fans reagieren. Wenn jemand einen „echten“ Artikel wie eine CD bestellt, dann erhaltet ihr eine E-mail und verschickt den Artikel selbst.
Bandcamp übernimmt das Hosting (das Speichern und Versenden) der Dateien sowie die Abwicklung der Bezahlung. Dafür nehmen sie keinerlei Jahresgebühren oder ähnliches, behalten aber 15% des Umsatzes. Dazu kommen ca. 4-6% für die Bezahlung durch Paypal. Insgesamt erhaltet ihr also 80% des Umsatzes (zum Vergleich: über iTunes+Vertrieb nur 65%), und das ohne finanzielle Risiken. Ihr verdient ab dem ersten Einkauf und habt wesentlich mehr Möglichkeiten, welche Produkte ihr anbieten könnt. Der Nachteil ist, dass ihr plötzlich selbst die Verkäufer seid – und somit euch auch darum kümmern müsst, dass euer Shop den rechtlichen Ansprüchen für Onlinehandel gerecht wird. Außerdem finden manche Kunden möglicherweise iTunes bequemer oder vertrauenswürdiger, wenn es darum geht, spontan die Kreditkarte zu zücken.
Wir werden in einem späteren Artikel noch einmal genauer auf Bandcamp und andere offen gebliebene Fragen eingehen. Bis dahin freuen wir uns über Rückmeldungen auf unserer Facebook-Seite bzw. bei Google+!
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Zuletzt bearbeitet: 19.05.2012
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